Wegzugsbesteuerung – Auswandern als GmbH-Gesellschafter

Das deutsche Außensteuergesetz regelt steuerrechtliche Sachverhalte mit internationalem Bezug. Dazu gehört neben der sog. Hinzurechnungsbesteuerung bei bestimmten Beteiligungen an Gesellschaften in Niedrigsteuerländern ebenfalls die Wegzugsbesteuerung als Form der Entstrickungsbesteuerung.

Bei unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen unterliegt eine Veräußerung von GmbH-Anteilen der Besteuerung des §17 EStG. Somit sind Wertzuwächse von inländischen Gesellschaftsanteilen mit 25%igem Steuersatz oder 60% des individuellen Steuersatzes zu Besteuern.

Sobald keine unbeschränkte Steuerpflicht durch Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland mehr gegeben ist, verliert Deutschland die Möglichkeit diese Wertzuwächse von Gesellschaftsanteilen zu besteuern. In DBA-Fällen gilt für Anteile an Kapitalgesellschaften ebenfalls – bis auf wenige Ausnahmen – das sog. Ansässigkeitsprinzip. Der Wohnsitz zum Zeitpunkt der Veräußerung ist also maßgeblich für den Ort der Steuerbarkeit.

Um diesem Verlust des Besteuerungsrechts vorzubeugen existiert die Wegzugsbesteuerung des §6 AStG. Diese fingiert in der letzten juristischen Sekunde der Steuerpflicht in Deutschland bei Aufgabe des Wohnsitzes und Verlust der unbeschränkten Steuerpflicht einen Veräußerungstatbestand der GmbH-Anteile. Somit werden die bisherigen Wertzuwächse der Gesellschaftsanteile der Besteuerung des §17 EStG unterworfen.

Problematisch an dieser Besteuerung sind insbesondere drei Faktoren.

Das deutsche Steuerrecht beinhaltet nur eine einzige gesetzlich normierte Bewertungsmethode: Das vereinfachte Ertragswertverfahren der §§199ff. BewG. Bei dem vereinfachten Ertragswertverfahren entstehen durch den gesetzlichen Vervielfältiger des §203 BewG von 13,75 häufig marktunübliche Unternehmenswerte. Der durchschnittliche, bereinigte Gewinn ist also mit 13,75 zu multiplizieren um den Unternehmenswert zu erhalten, welcher der Besteuerung zu unterwerfen ist. Diese Bewertungsfiktion zu widerlegen ist ein Praxisproblem, bei welchem den Steuerpflichtigen die Beweislast trifft.

Bei Unternehmensverkäufen fließt in der Regel sofort oder in kurzer Abfolge nach der Transaktion Geld. Somit kann eine Besteuerung des Gewinns aus den Mitteln des Unternehmensverkauf bedient werden. Dies kann bei einer fiktiven Unternehmensbesteuerung wie der Wegzugsbesteuerung nicht gewährleistet werden. Dort muss die Steuer aus freiem Vermögen des Gesellschafters oder aus bereits versteuerten Gewinnen der Gesellschaft durch Gewinnausschüttung bedient werden.

Letztlich ist noch die Niederlassungsfreiheit der EU zu erwähnen. Als ein Grundrecht der EU wird die Wahl des Wohnsitzes innerhalb der EU durch eine erhebliche Besteuerung durchaus eingeschränkt. Nicht nur deswegen war und ist die Wegzugsbesteuerung im europarechtlichen Kontext bereits häufiger in die Kritik geraten. Nicht hilfreich dabei war, dass im Jahr 2021 eine bisherige zinslose, unbeschränkte Stundung dieser Wegzugssteuer im EU-Fall durch eine Zahlung in sieben Jahresraten ersetzt wurde. Somit ist die Wegzugssteuer tatsächlich zu entrichten.

Es existieren Ausnahmen wie beispielsweise die Rückkehroption sowie Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung einer Wegzugsbesteuerung über Gesellschaftskonstrukte, jedoch müssen diese in der Regel rechtzeitig und mehr oder weniger aufwendig geplant und dokumentiert werden.

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