Die Steuerpolitik der GroKo – ein erster Ausblick
Am 09.04.2025 haben die Union und die SPD das Koalitionspapier präsentiert. Mit über 140 Seiten ist es jedoch nicht so schlank, wie ursprünglich angedacht. Die Handschrift der beiden Parteien sowie die eingegangenen Kompromisse sind klar erkenntlich. Ich persönlich hätte im Vorfeld, insbesondere bezüglich der fraglichen Haushaltsfinanzierung außerhalb der Sondervermögen, mit größeren Änderungen gerechnet. Hier ein kurzer Überblick:
Die bereits bekannte degressive AfA soll wieder aufgenommen werden. Mehr als ein positiver Steuerstundungseffekt ist hierbei jedoch nicht zu erwarten.
Die Senkung des Körperschaftsteuersatzes in den Jahren 2028-2032 um jeweils einen Prozentpunkt auf schlussendlich 10% ist ebenfalls vorgesehen. Bis dieser Prozess zu merklichen Änderungen in der Unternehmenssteuerbelastung führt, vergeht nahezu ein halbes Jahrzehnt. Gepaart mit der sofortigen Anhebung des Minimums des Gewerbesteuerhebesatzes von 200% auf 280% (Mindeststeuersatz von 7% auf 9,8%) wird außerhalb der Metropolenregionen eine sofortige Steuererhöhung bemerkbar sein. Eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer o. ä. zur Senkung der im internationalen Vergleich sehr hohen Steuerlast für Unternehmen ist nicht vorgesehen.
Weshalb weiterhin an der Thesaurierungsbesteuerung (§34a EStG) und dem Optionsmodell (§1a KStG) zur Körperschaftsteuer festgehalten wird und dieses sogar noch weiter in den Fokus rückt, kann ich nicht nachvollziehen. Jeder Praktiker weiß, dass die Maßnahmen im besten Fall unpraktisch und im schlimmsten Fall schlichtweg nicht umsetzbar sind. Die Modelle existieren bereits seit Jahren und haben in der Beratungspraxis der KMU aus gutem Grund wenig bis keinen Anklang gefunden. Es soll geprüft werden, ob die Besteuerung von neu gegründeten Unternehmen rechtsformunabhängig in das Körperschaftsteuerregime fallen kann. Ich bin gespannt.
Die tarifliche Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen ist zu begrüßen. Eine Gegenbewegung zu den steigenden Sozialabgaben ist gern gesehen. Gleiches gilt für die Steuerfreistellung von Überstunden und der Erhöhung der Pendlerpauschale.
Bezüglich der Steuerfreistellung von Arbeitslohn i. H. v. EUR 2.000,00 pro Monat nach Erreichen des regulären Renteneintrittsalters bin ich zwiegespalten. Einerseits wird versucht die arbeitsfähige Bevölkerung, insbesondere die Baby-Boomer als Leistungsträger der derzeitigen Wirtschaft, im Arbeitsleben zu halten, aber die Missbrauchsanfälligkeit einer solchen Vorschrift ist leider enorm.
Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Erhöhung des Steueraufkommens ist angedacht. Dazu muss man sagen, dass diese Steuer je nach Steuersatz und Geltungsbereich etwa zu Mehreinnahmen i. H. v. 10 – 35 Mrd. EUR führen würde. Anders als eine Vermögensteuer, führt diese jedoch nicht zu einer Umverteilung, da der Geltungsbereich sehr speziell ist. Insbesondere die angedachte „europäische Finanztransaktionssteuer“ ist als Anreizsetzung für den ohnehin schon unterentwickelten Finanzmarkt des europäischen Festlands etwas merkwürdig. Eine florierende Startup-Szene und Industrie benötigt einen stabilen und attraktiven Finanzmarkt. Meines Erachtens würde diese Maßnahme nur zur weiteren Verlagerung von Finanzinstituten nach London, New York und in andere Metropolen der Welt führen, wo eine solche Steuer nicht erhoben wird und die Regulation geringer ist. In Relation zu dem Steuermehraufkommen ist dies eher nicht erstrebenswert.
Dass die Stromsteuer auf das europäische Minimum gesenkt wird und die Agrardiesel-Rückvergütung reaktiviert wird, ist wenigstens nicht konträr zur eigenen Zielsetzung. In Kombination mit anderen Maßnahmen, sollen so die Energiekosten mittelfristig konkurrenzfähig werden.
Zur Senkung des Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie und der weiterhin angedachten Nutzung von Barzahlungen werde ich an dieser Stelle schweigen.
Insgesamt sind die Maßnahmen relativ ereignislos und langweilig. Die Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen sind nett, werden aber durch höhere Sozialabgaben schnell aufgefressen. Die Unternehmenssteuerbelastung bleibt durch Körperschaft- und Gewerbesteuer sehr hoch und international nicht konkurrenzfähig. Das Optionsmodell zur Körperschaftsteuer bleibt kompliziert und unpraktisch. Die Aussetzung der globalen Mindestbesteuerung und die Förderung der Gastronomie sowie der Auto- und Stahlindustrie mit anderen Maßnahmenpaketen gibt den Kurs für die kommenden vier Jahre vor. Also eigentlich alles wie erwartet.